CDU stimmt knapp gegen Richtungswechsel

Mit der Wahl von Annegret Kramp-Karrenbauer zur neuen Vorsitzenden hat sich eine knappe Mehrheit der Delegierten des CDU-Parteitages gegen einen Richtungswechsel entschieden. Kramp-Karrenbauer ist eine enge Vertraute der bisherigen Vorsitzenden Merkel, die sie zu Beginn des Jahres zur CDU-Generalsekretärin berufen hatte. Diese war dem Ruf gefolgt und hatte ihr Amt als Ministerpräsidentin des Saarlandes aufgegeben verbunden mit der Aussicht, einmal die Nachfolge von Merkel anzutreten. Die Delegierten haben Merkels Wunschnachfolgerin akzeptiert, wenn auch knapp. Mit Kramp-Karrenbauer als Parteivorsitzende kann Merkel ihre liberale Politik der Mitte fortsetzen und muss nicht befürchten, vor der Zeit aus dem Kanzleramt gedrängt zu werden. Mit Merz als Vorsitzenden hätte die CDU einen Kurswechsel nach rechts vollzogen. Über kurz oder lang wäre es zwischen Merkel und Merz zu Konflikten gekommen, die Merz zum Griff auch nach dem Kanzleramt genutzt hätte.
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Merkel: Emotionaler Abschied mit Selbstironie

Dr. Angela Merkel

In einer in Teilen emotionalen und auch selbstironischen Rede hat sich Angela Merkel von ihren Delegierten als Parteivorsitzende verabschiedet.  „Zur Sache“. Dies sei das erste von ihr ausgewählte Parteitagsmotto im Jahr 2000 gewesen. „Nichts von Deutschland, von Zukunft, von Werten, von Sicherheit“. Einfach:  Zur Sache, „typisch Merkel“, so Merkel über sich, „knochentrocken“. Sie erinnerte daran, dass die CDU bei ihrem Amtsantritt wegen des Spendenskandals am Boden lag, dass sich die politischen Gegner bereits die Hände rieben. Auch ein Seitenhieb gegen Schäuble, der als ihr Vorgänger wegen seiner Verstrickung in den Spendenskandal zurücktreten musste. Dennoch habe die Partei zu alter Stärke zurückgefunden, insgesamt 50 Jahre das Kanzleramt besetzt, nur 20 Jahre „die Anderen“. In ihrer Zeit als Vorsitzende habe sie der Partei viel zugemutet und erinnerte an die Beschlüsse zur Wehrpflicht, zum Mindestlohn und zum Atomausstieg und auch an ihre Entscheidung 2015, die in Europa umherirrenden Flüchtlinge aufzunehmen. Die CDU sei „heute eine andere als im Jahr 2000 – und das ist gut so“. Aber auch umgekehrt – „ganz, ganz selten natürlich“ –  habe es Zumutungen gegeben. Allerdings habe die Partei ihr nichts vorenthalten. Sie der Partei schon: Scharfe Attacken auf den politischen Gegner. Sie habe lieber das Florett gewählt oder lieber ganz geschwiegen, nicht über Stöckchen gesprungen, die man ihr hinhielt. „Ich weiß, dass ich eure Nerven sehr auf die Probe gestellt habe“. Am Ende erinnerte Merkel an die Wahlerfolge im Jahr 2017 im Saarland, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein und gab damit dann doch zu erkennen, wen sie sich als Nachfolgerin wünschte. Und sie verwies auf ihr letztes Parteitagsmotto: „Zusammenführen. Und zusammen führen.“ Zusammenhalt sei ihr großer Wunsch für die Zukunft. Denn wohin Streit führe, das hätten CDU und CSU „bitter erfahren“.
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Merz fordert Nachbesserungen beim Migrationspakt

Friedrich Merz

Friedrich Merz, aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge Merkels als CDU-Vorsitzende, hat offen Nachbesserungen beim UN-Migrationspakt gefordert. Auf einer der Regionalkonferenzen zur Vorstellung der Kandidaten um den CDU-Vorsitz im thüringischen Seebach warnte Merz davor, durch den Pakt neue Asylgründe zu schaffen. Der Migrationspakt sei zwar rechtlich nicht bindend, so Merz. „Wenn Deutschland diesem Pakt beitritt, muss in geeigneter Weise klargestellt werden, dass er die Asylgründe vor den Verwaltungsgerichten nicht erweitert“. Zugleich forderte er eine Diskussion über das Asylgrundrecht. Annegret Kramp-Karrenbauer stellte sich hinter den Pakt und damit auch hinter die Kanzlerin: „Bei aller Abwägung bin ich der Meinung, dass dieser Pakt für uns mehr Vorteile als Nachteile bringt“. Jens Spahn bezog keine ausdrückliche Position. Er wiederholte seine Forderung, den Migrationspakt auf dem CDU-Parteitag zu diskutieren.
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Merkel verteidigt Migrationspakt – Warnung vor Nationalismus

Dr. Angela Merkel

In der Generaldebatte zum Bundeshaushalt hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erneut und mit Vehemenz den UN-Pakt „für eine sichere, geordnete und reguläre Migration“ verteidigt.  Er sei „der richtige Antwortversuch, globale Probleme auch international und miteinander zu lösen“. Es sei zudem im deutschen Interesse, dass sich die Bedingungen auf der Welt für Flüchtlinge und Arbeitsmigranten verbessern. Zudem werde die deutsche Souveränität durch den Pakt nicht berührt. Zugleich warnte Merkel vor „Nationalismus in reinster Form“. Der Migrationspakt ist auch innerhalb der Union umstritten. Im parteiinternen Wettkampf um die Nachfolge Merkels als Parteivorsitzende hat der dem konservativen Flügel zugerechnete Bewerber Jens Spahn gefordert, über den Pakt die Delegierten des CDU-Parteitages entscheiden zu lassen. Auch das bayerische Kabinett beschäftigte sich mit dem Pakt und forderte von der Bundesregierung mehr Transparenz.
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Bundesregierung verteidigt geplanten UN-Migrationspakt

Nach der Ankündigung Österreichs, dem geplanten Migrationspakt der Vereinten Nationen nicht beizutreten, hat die Bundesregierung klargestellt, dass sie den Pakt weiter unterstützt. „Gerade um Migration in geordnete Bahnen zu lenken, ist der Pakt notwendig und wichtig. Daher bedauern wir es natürlich, wenn verschiedene Staaten und vor allem auch enge Partner von uns dem Pakt nicht beitreten wollen. Wir werden weiter für seine Annahme und Umsetzung werben“, so ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. „Der globale Pakt für sichere, geordnete und reguläre Migration wird von über 180 Staaten, also der ganz überwiegenden Mehrheit der Weltgemeinschaft, unterstützt. Zu diesen Unterstützern gehören auch wir.“ Anders als die Regierung in Wien, der auch die rechtspopulistische FPÖ angehört, sieht die Bundesregierung keine Gefahr für die nationale Souveränität, die im Text des Paktes ausdrücklich garantiert wird. „Dies ist kein völkerrechtlicher Vertrag, er ist rechtlich ausdrücklich nicht bindend, er greift ausdrücklich nicht in die Souveränitätsrechte der Mitgliedstaaten ein“, so Regierungssprecher Seibert. Er setze für alle Beteiligten das Ziel, „gemeinsame globale Lösungen für das Phänomen der Migration zu finden und weil er konkrete Ziele setzt, nämlich sichere, geordnete, legale Migration, und eben nicht illegale Migration. Er sagt sogar explizit: Leitprinzip ist, illegale Migration zu reduzieren. Das entspricht auch der Politik der Bundesregierung in den letzten Jahren.“ Vor Österreich hatten bereits die USA, Australien und Ungarn angekündigt, dem Pakt nicht beizutreten. Der Pakt soll bei einem Gipfeltreffen am 10. und 11. Dezember in Marokko unterzeichnet werden.
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Merkel gibt auf – kein guter Tag für Deutschland und Europa

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat angekündigt, im Dezember nicht mehr als CDU-Vorsitzende zu kandidieren und bei der nächsten Bundestagswahl sich nicht mehr um eine Wiederwahl zu bemühen. Sie wolle aber bis zum Ende der laufenden Wahlperiode des Bundestages ihr Amt als Bundeskanzlerin weiter ausüben. Sie habe stets vorgehabt, ihre Ämter in Würde zu führen und auch in Würde abzutreten, so Merkel. Den Entschluss habe sie vor der Sommerpause unter dem Eindruck des heftigen Streites mit der CSU über die Migrationspolitik gefasst. Merkel ist seit 18 Jahren CDU-Vorsitzende und seit 13 Jahren Bundeskanzlerin. Unmittelbar nach ihrer Ankündigung meldeten Jens Spahn, Annegret Kramp-Karrenbauer und Friedrich Merz ihre Kandidaturen für den CDU-Vorsitz an. Armin Laschet gab an, eine Kandidatur zu erwägen. Merkel hatte stets vertreten, dass Parteivorsitz und Kanzleramt in eine Hand gehören. Für die kurze Zeit bis zum Ende ihrer Kanzlerschaft sei ein Auseinanderfallen aber vertretbar, so Merkel. Dennoch sei dies ein „Wagnis“. Dies dürfte vor allem dann gelten, wenn Spahn oder Merz zum CDU-Vorsitzenden gewählt würden. Diese hatten in der Vergangenheit die Politik von Merkel als zu liberal scharf kritisiert und stehen für eine konservative Wende der Partei. Kramp-Karrenbauer und Laschet gelten als Vertraute von Merkel.
Mit Merkel geht eine herausragende Politikerin. Sie hat zahlreiche nationale und internationale Krisen bewältigt und immer wieder für Stabilität gesorgt. Vor allem aber hat sie in einem beispiellosen humanitären Akt 2015 die Grenzen für Flüchtlinge geöffnet. Dass diese Entscheidung am Ende dazu führt, dass sie ihre Ämter aufgibt, ist tragisch. Ihre Erfahrung und ihr politischer Verstand werden künftig fehlen – in Deutschland und in Europa.
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Thüringer CDU feiert Merkel

Mit stehenden Ovationen haben sich die Delegierten des Thüringer CDU-Parteitages für eine kämpferische Rede ihrer Bundesvorsitzenden Angela Merkel bedankt. Es gebe zwar in der Migration von Flüchtlingen noch Probleme, vor allem habe man aber riesige Fortschritte seit 2015 gemacht. „Wenn wir uns für den Rest des Jahrzehnts damit beschäftigen wollen, was 2015 vielleicht so oder so gelaufen ist und damit die ganze Zeit verplempern, dann werden wir den Rang als Volkspartei verlieren“, so Merkel. „Deshalb fordere ich, dass wir uns jetzt um die Zukunft kümmern.“ Die Bundeskanzlerin warnte ihre Partei auch davor, sich zu sehr mit sich selbst zu beschäftigen. „Seit einem Jahr beschäftigen wir uns in viel zu hohem Maße damit, ob wir beleidigt sein sollen über das Wahlergebnis“. Attraktiv sei die CDU für die Wähler aber nur dann, wenn sie optimistisch in die Zukunft blicke. „Nur dafür werden wir gewählt, für nichts anderes. Die Menschen wollen von uns, dass wir mit Zuversicht in die Zukunft blicken, ohne uns die Welt schön zu malen.“ Merkel begegnet damit internen Kritikern und Flügelkämpfen in der CDU und vor allem Angriffen aus der CSU gegenüber ihrer Flüchtlingspolitik. Im Dezember muss sich Merkel einem Parteitag zur Wiederwahl als Vorsitzende stellen. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hatte vor einigen Tagen angemerkt, Merkel sei nicht mehr unumstritten in der CDU.
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Schäuble geht vorsichtig auf Distanz zu Merkel

Angela Merkel (CDU) sei nicht mehr so unbestritten wie in den ersten gut zehn Jahren ihrer Kanzlerschaft – auch wenn sie immer noch Zustimmungswerte habe, um die sie die meisten europäischen Regierungschefs beneiden, so Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) gegenüber dem SWR. Ihre Wiederwahl als Parteivorsitzende sei „wahrscheinlich“. Der Ausgang der Landtagswahlen in Bayern und Hessen könne zu Erschütterungen und Diskussionen in den Koalitionsparteien führen „ein Stück weit auch Auswirkungen auf die Bundespolitik und damit auch auf das Ansehen der Kanzlerin“ haben, so Schäuble. Umfragen zufolge wird die CSU in Bayern die absolute Mehrheit verlieren und in Hessen droht der CDU sogar der Machtverlust. Die SPD, im Bund Koalitionspartner von CDU und CSU, profitiert nicht von der Schwäche der Union. Auch ihr werden deutliche Stimmenverluste vorhergesagt.
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FREIE WÄHLER: Neustart der Beziehungen mit der Türkei nur unter klaren Voraussetzungen denkbar

Mit dem gestern begonnenen dreitägigen Staatsbesuch in Deutschland erhofft sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan eine Normalisierung der Verhältnisse zwischen beiden Ländern. Nach Ansicht der FREIEN WÄHLER ist ein Neustart jedoch nur unter klaren Voraussetzungen denkbar. Ulrike Müller, Europaabgeordnete der FREIEN WÄHLER, sieht die Bringschuld auf Seiten der Türkei: „Erdogan hat sein Land außenpolitisch isoliert und durch seine Unterdrückung von Opposition, Journalisten und politischen Aktivisten zunehmend von europäischen Grundwerten entfremdet. So sitzen immer noch fünf deutsche Staatsbürger aus politischen Gründen in türkischen Gefängnissen, ohne dass hierfür ausreichende Erklärungen vorliegen. Bevor wir überhaupt über einen Neustart reden können, muss sich Erdogan in dieser Angelegenheit bewegen. Die FREIEN WÄHLER begrüßen grundsätzlich eine Verbesserung der diplomatischen Beziehungen, sehen jedoch vor allem bei den Themen Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit großen Nachholbedarf. „Die Türkei ist momentan aus Sicht der FREIEN WÄHLER für die EU nicht beitrittsfähig. Die Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte in der Türkei sind unter der Regierung Erdogans nicht länger gewährleistet. Seit Beginn der türkischen Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union im Jahre 2005, hat sich die Menschenrechtslage dort sogar dramatisch verschlechtert. Wir fordern daher den Abbruch der Beitrittsverhandlungen und ein Ende der Finanzhilfen“, so Müller weiter. Deutschland ist ein wichtiger Handelspartner der Türkei. Die angespannte finanzpolitische Situation kann für Deutschland eine Chance sein, Präsident Erdogan zu einem Umdenken hinsichtlich Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit zu bewegen. „Wir fordern die Bundesregierung dazu auf, diese kritischen Punkte in den Gesprächen zu thematisieren und entsprechende Zugeständnisse, im Vorfeld einer diplomatischen Annäherung, zu verlangen“, so Müller abschließend.
Bild: Freie Wähler Bundesvereinigung

 

Kauder: Unionsfraktion demütigt Merkel und Seehofer

Mit dem Sturz des langjährigen Unionsfraktionsvorsitzenden Volker Kauder demütigt die Fraktion aus CDU und CSU ihre beiden Parteivorsitzenden. Sowohl Merkel als auch Seehofer hatten sich vor der Fraktion für eine Wiederwahl stark gemacht. Merkel erklärte vor der Wahl, sie könne auf Kauder nicht verzichten. Als konservativer Christdemokrat hatte dieser immer wieder für die erforderlichen Mehrheiten in der Fraktion für Merkels liberale Politik gesorgt. Die Wahl von Ralph Brinkhaus zeigt den Macht- und Autoritätsverlust von Merkel und Seehofer. Ob sich die beiden davon noch einmal erholen können, ist fraglich. Ausgeschlossen ist es nicht.